Fachtag Jugendkultur 2021: Alltagsrassismus in der Jugendarbeit

Fachtag Jugendkultur 2021 - Stadtjugendring Augsburg

Fachtag Jugendkultur 2021 - Alltagsrassismus in der Jugendarbeit

Sa, 9.10.2021, 14-21 Uhr, Provino-Club (Provinostr. 35)


Teil 1: Workshops (nur für Fachkräfte)

14:00 – 15:30 Uhr - „Rassismus erkennen und überwinden“ (Workshop mit Hangwen Maierhofer; AGABY e.V.)

UND

14:00 – 15:30 Uhr - Rave den Mussolini – Aktuelle Entwicklungen rechtsextremer Musik (Workshop mit Jerome Trebing; Sozialarbeiter und Soziologe aus Wien)

Teil 2: Vortrag, Lesung, Podiumsdiskussion (öffentlich)

16:00 – 17:30 Uhr - „Hilfe? Aber nur für Deutsche! Wie die extreme Rechte soziale Projekte zur Verbreitung ihrer Ideologie nutzt“ (Vortrag von Jerome Trebing; Sozialarbeiter und Soziologe aus Wien)

18:00 – 19:30 Uhr - Lesung: „Ein N**** darf nicht neben mir sitzen“
mit David Mayonga aka Roger Rekless

19:45 – 21:00 Uhr - Podiumsgespräch: „Alltagsdiskriminierungen“

 

Bereits im dritten Jahr in Folge fand der Fachtag Jugendkultur des Stadtjugendring Augsburg statt. Der erste Teil (Workshops 14-15:30 Uhr) der eintägigen Veranstaltung war für alle hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen in der Jugendarbeit zur Weiterbildung und Netzwerkarbeit gedacht. Der zweite Teil (16-21 Uhr) richtete sich auch an alle Jugendlichen ab 14 Jahren und Erwachsenen, die Interesse an der Thematik haben.

Inhaltlich wurden Themen bearbeitet, die sich aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Jugendarbeit widmen. In diesem Jahr wurde der Bereich „Rassismus“ genauer beleuchtet. Hierzu wurde den Teilnehmer*innen Raum gegeben, Trends und Problemstellungen zu analysieren sowie Lösungsansätze und Bewältigungsstrategien für den Arbeitsalltag zu entwickeln.

Die Vorträge und Workshops der Expert*innen, die sich explizit an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen der Jugendarbeit richteten, wurden durch eine Lesung, eine Ausstellung sowie eine Podiumsdiskussion abgerundet, die auch für alle anderen Interessierten geöffnet waren.

Die Veranstaltung konnte kostenfrei besucht werden.

Programm (Inhalte)

Workshop „Rassismus erkennen und überwinden“ (Hangwen Maierhofer; AGABY e.V.)

Rassismus überwinden ist ein hochgesetztes, vielleicht gar utopisches, Szenario. Ist das überhaupt möglich? Und wenn ja, wen braucht es dazu? Dieser Workshop möchte mit interessierten Personen (auch ohne Vorwissen) interaktiv klären, was Rassismus ist und was ihn ausmacht. Dabei soll zunächst praxisnah aufgezeigt werden, wer bei Rassismus eine Rolle spielt, um darauf aufbauend gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Zudem bekommt jede(r) die Möglichkeit, auf Augenhöhe die eigene Position und Rolle in diesem Szenario zu hinterfragen. Mithilfe von unterschiedlichen Bausteinen werden auch Anregungen und Hilfestellungen mit auf den Weg gegeben.

Rassismus überwinden ist ein hochgesetztes, vielleicht gar utopisches, Szenario. Ist das überhaupt möglich? Und wenn ja, wen braucht es dazu? Dieser Workshop möchte mit interessierten Personen (auch ohne Vorwissen) interaktiv klären, was Rassismus ist und was ihn ausmacht. Dabei soll zunächst praxisnah aufgezeigt werden, wer bei Rassismus eine Rolle spielt, um darauf aufbauend gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Zudem bekommt jede(r) die Möglichkeit, auf Augenhöhe die eigene Position und Rolle in diesem Szenario zu hinterfragen. Mithilfe von unterschiedlichen Bausteinen werden auch Anregungen und Hilfestellungen mit auf den Weg gegeben.

Workshop „Rave den Mussolini – Aktuelle Entwicklungen rechtsextremer Musik“ (Jerome Trebing; Sozialarbeiter und Soziologe aus Wien)

Die Bilder von großen Neonazimusikfestivals sind bekannt. Hitlergrüße, Bier und harter Rock. Doch abseits des bekannten „Rechtsrock“ wurde von der extremen Rechten in den letzten Jahren auf diverse musikalische Genres zugegriffen. So finden mittlerweile – vorwiegend in der Ukraine – riesige NSBM Festivals statt. Eine Spielart des Black Metall mit expliziten neonazistischen Bezügen und Inszenierung. Abseits davon schafften es faschistische Rapper

kurzzeitig sogar in die Itunes-Charts und verbreiten unterlegt auf harte Beats ihre völkische Ideologie. Und selbst in vermeintlich „unpolitischen“ Genres, wie diversen Spielarten elektronischer Musik, haben Rechtsextreme eigenständige Formate etabliert. So gibt es mittlerweile neonazistische Soundsysteme und mit dem sogenannten „Fash-Wave“ haben auch neuere extrem Rechte ihre eigene Nische gefunden.

Der Workshop analysiert gemeinsam Produkte dieser verschiedenen Genres und versucht dabei zu ergründen, wie durch diese Musik ein aggressiver völkischer Rassismus dargestellt, inszeniert und propagiert wird. Ferner ergründen wir gemeinsam Vertriebsstrukturen, Verbreitung und diskutieren gemeinsam Strategien im Umgang mit diesen Phänomenen.

Zur Person:
Jerome Trebing studierte Soziale Arbeit und Soziologie. Er arbeitet im SOS-Kinderdorf Wien West in der Betreuung von Jugendlichen und für die Amadeu Antonio Stiftung in Berlin für das Projekt „Good Gaming Well Played Democracy“. Er forscht seit Jahren zur außerparlamentarischen Rechten in Österreich, Deutschland und Italien. Ein Fokus liegt hierbei auf faschistischen Subkulturen und der internationalen Vernetzung im europäischen Raum.

Vortrag „Hilfe? Aber nur für Deutsche! Wie die extreme Rechte soziale Projekte zur Verbreitung ihrer Ideologie nutzt“ (Jerome Trebing; Sozialarbeiter und Soziologe aus Wien

Gekommen um zu bleiben? Von Obdachlosenunterstützung über Kindersport zum völkischen Gutshof. Über die Versuche der außerparlamentarischen extremen Rechten soziale Projekte zur Verbreitung ihrer Ideologie zu nutzen.

Wenn die Neonazis von der Partei „Der III. Weg“ jedes Jahr im Winter Kleidung an Obdachlose Menschen verteilen, dann wird dies kurzeitig immer wieder medial verhandelt. Dabei ist dieser Zugriff auf das Soziale und Praktiken der Sozialen Arbeit, Jugendarbeit und Pädagogik keine marginale Facette innerhalb der Agitation der extremen Rechten, sondern vielmehr – definiert durch ihre Ideologie – ein zentraler Baustein im Zugriff an gesellschaftliche Zustände.

Wo immer die außerparlamentarische extreme Rechte Infrastrukturprojekte aufbaut koppelt sie diese an vermeintliche Sozialprojekte. So trainieren Neonazis Kinder im Kampfsport und geben Nachhilfe im eigenen „Jugendzentrum“, während anderseits die Faschisten der „Identitären Bewegung“ sich als patriotische Streetworker generieren und gemeinschaftliche Zeltlager und Waffentrainings organisieren.

Vielfach mag diese Agitation als eine vermeintliche Strategie der Verschleierung erscheinen, entpuppt sich jedoch spätestens beim zweiten Blick als zentraler Moment ihre menschenfeindliche Ideologie niedrigschwellig Menschen zugänglich zu machen.

Der Vortrag stellt hierbei verschiedene Projekte und die dahinterliegenden Strategien in den Fokus und zeigt ihre Wirksamkeit sowie die zentralen ideologischen Grundlagen dieser Arbeit auf. Ebenso werden zivilgesellschaftliches Engagement und Strategien aufzeigt, die die extrem Rechten in ihren Raumergreifungsstrategien erfolgreich behindert haben.

Lesung „Ein N**** darf nicht neben mir sitzen“ (David Mayonga aka Roger Rekless)

Er ist in der bayrischen Provinz groß geworden und spricht Dialekt. David Mayonga sieht sich in erster Linie als Bayer. Dennoch wird er aufgrund seiner Hautfarbe schon am ersten Tag im Kindergarten zurückgewiesen: »Nein, ein N**** darf nicht neben mir sitzen.« Bis heute begleiten ihn rassistische Anfeindungen. Die Polizei durchsucht sein Auto, beim Einkaufen wird er mit »Was du wollen?« begrüßt.

In seinem Buch »Ein N**** darf nicht neben mir sitzen« gibt David Mayonga einen Einblick, warum wir Menschen solch eine Angst vor dem Anderssein haben. Warum wir diskriminieren und was wir tun können, um dem weniger Raum zu geben.

Doch schon lange bevor er angefangen hat, »Ein N**** darf nicht neben mir sitzen« zu schreiben, hat David Mayonga ein anderes Ventil für den Ausdruck seiner Erfahrungen entdeckt: den Rap. Dieser Abend wird daher eine Mischung aus Rap und Rassismus, Beats und Buch, Text und Toleranz. Angereichert mit vielen persönlichen Erlebnissen ist »Ein N**** darf nicht neben mir sitzen« ein Appell gegen Angst und Vorverurteilung und für eine Gesellschaft, in der wir Menschen danach beurteilen, wer sie sind und nicht, wie sie aussehen.

»MAN KANN SICH AN RASSISMUS NIE GEWÖHNEN, WEIL ER IN IMMER ANDERER FORM AUFTAUCHT.«

Zur Person:
David Mayonga (*1981 in München), auch bekannt als Roger Rekless, ist als Musiker und Produzent überwiegend in der Hip-Hop-Szene unterwegs. Für den Bayerischen Rundfunk moderiert er auf PULS und Bayern 3. Zudem arbeitet der studierte Sozialpädagoge international in der offenen Jugendarbeit, unter anderem im Auftrag des Goethe-Instituts.

Veranstaltung „Alltagsdiskriminierung“

Im ersten Teil der Veranstaltung werden in einer Art „Blackbox“ anonym Geschichten über Alltagsdiskriminierungen erzählt. Diese wurden im Vorfeld durch verschiedene Augsburger Initiativen, die sich mit dem Thema beschäftigen, gesammelt. Ähnlich wie das Konzept „Cat Calls of Augsburg“ soll deutlich gemacht werden, wie weit verbreitet und häufig Diskriminierungen jeglicher Art – auch im Augsburger Alltag – sind.

Im zweiten Teil nähern wir uns dann dem Thema mit Vertreter*innen aus den verschiedensten Augsburger Initiativen und Vereinen in einer Podiumsdiskussion.

 


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