Interview: Bestes Ehrenamt der Welt - Wie organisiert man mit 18 ein eigenes Festival?

(Die Story hinter den Modular Youngstars: „Jede Sekunde, die wir an unserem Festival gearbeitet haben, und der ganze Stress hat sich ausgezahlt.)

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Die Modular Youngstars während der Organisationsphase zum Modular Festival 2015
Von links: Vera Kondratjew, Annette Lierheimer, Simone Schwartz und Sarah El Zeer
Foto: Stadtjugendring Augsburg

Modular Youngstars ist seit 2013 ein Jugendprojekt im Rahmen des Modular Festivals in Augsburg. Der Stadtjugendring gibt durch die Modular Youngstars jungen Menschen die Möglichkeit, eine eigene Bühne auf dem Festival eigenständig und unter Anleitung von Profis auf die Beine zu stellen. So machen die Jugendlichen wertvolle Erfahrungen in den Bereichen Kultur- und Veranstaltungsmanagement und lernen hautnah, Verantwortung zu übernehmen. Mit seinem partizipativen Charakter ist das Modular Festival genau der richtige Raum für ein solches Projekt. Neben den Konzerten nationaler und lokaler Künstler gibt es viele Nebenschauplätze, bestehend aus Workshops, einem Foodmarkt und Kreativbasar sowie verschiedenen Sportaktivitäten, die das Festival weit über ein normales Publikumsfestival hinausgehen lassen. Einer dieser Schauplätze ist das Projekt der Modular Youngstars.

Wir haben die beiden jungen Festivalmacherinnen Vera Kondratjew und Sarah El Zeer, die seit Anbeginn der Modular Youngstars federführend dabei sind, befragt, wie es ihnen mit dieser umfangreichen und verantwortungsvollen Aufgabe ergangen ist. Sie sind 2016 zum dritten Mal dabei. Aber lest selbst, wie man als junger Mensch ein Festival organisiert:

Stadtjugendring (SJR): „Ihr habt Euer zweites Festival nun organisiert und steht nun vor dem dritten. Was ging in Euch vor, als ihr Euer erstes Festival organisiert hattet?“

Vera Kondratjew (Vera): „Nachdem wir als Younstars bereits das Festival erstmalig 2013 organisiert haben, war uns klar, dass wir 2015 wieder dabei sein wollen. So eine Freude hat es uns bereits beim ersten Mal gemacht. Uns war durchaus bewusst, dass die Arbeit hinter den Kulissen 2015 um einiges umfangreicher werden würde. Das hat uns jedoch noch mehr gereizt als abgeschreckt.“

SJR: „Wie umfangreich ist es denn, ein Festival dieser Größenordnung zu organisieren? Und was muss man alles beachten?“

Sarah El Zeer (Sarah): „Die Aufgaben bestehen im Wesentlichen darin: Bereits im Dezember werden Ideen gesammelt, um im Januar richtig loslegen zu können. Die Youngstars sind quasi das Nachwuchsorganisationsteam, das eine eigene Bühne auf dem Modular Festival betreut. Das bedeutet, neue Künstler aus den verschiedensten Bereichen zu finden und sie auf die Bühne zu bringen. Klingt einfach, ist es aber ganz und gar nicht. Um geeignete Künstler zu finden, haben wir im März ein Casting organisiert. Dabei half uns der Stadtjugendring und überließ uns das Jugendzentrum K15 als zentrale und für unserer Zwecke geeignete Anlaufstelle. Unserer Meinung nach war das Casting auch die größte und schwerste Herausforderung. Allein das Promoten des Castings via Facebook & Co., das Besuchen von Cafés und Lokalen der Augsburger Künstlerszene und und und.“

Vera: „Das ist ganz schön schweißtreibend. Nach all dem Aufwand war die erste Enttäuschung groß, da der Rücklauf und das Interesse erstmal sehr überschaubar waren. Wir waren ziemlich frustriert und hatten Angst, dass alles umsonst war. Doch in den letzten zwei Wochen vor dem Bewerbungsschluss war unser Facebook- und Email-Postfach schlagartig überladen. So überladen, dass wir eines Samstags über neun Stunden ausschließlich gecastet haben: Künstler, Moderatoren, Fotografen, Orgahelfer, einfach alles. Wir mussten ja unser Team zusammenstellen. Unser Terminkalender war auf die Minute genauestens geplant. Nach diesem langen Tag konnten wir Dank der sehr guten Ausbeute an Talenten und großartigen Künstlern glücklich einschlafen.“

Sarah: „Nachdem die Youngstars feststanden, wurde ihnen ein für sie Verantwortlicher zugewiesen. So behält man nicht nur als Organisator den Überblick, es ist auch für den Künstler auf der Bühne angenehmer. Als nächstes wurde das Line Up, also die Künstlerreihenfolge, für Freitag und Samstag aufgestellt. Es gingen Schreiben an die Künstler raus, um alle Informationen zu den technischen Rahmenbedingungen im Vorfeld abstimmen zu können und einen reibungslosen Ablauf an den beiden Festivaltagen zu gewährleisten.“

Vera: „Damit die Leute wissen, wer auf der Bühne stehen wird, führten wir mit jedem Künstler ein Interview und haben es auf unserer Seite veröffentlicht. Die Erstellung des Line-Ups, der Informationsschreiben und der Interviews war das zeitaufwendigste.“

SJR: „Gab es auch Rückschläge oder lief alles wie am Schnürchen?“

Sarah: „Naja, wir waren in der Abiturphase und dementsprechend mit dem Lernen auf Prüfungen beschäftigt. Daneben die Youngstars durchzuziehen war schon ein immenser Kraftakt. Besonders wenn etwas nicht so gut geklappt hat. Dann hat uns die Zeit gefehlt. Dennoch sind wir voller Freude und mit sehr viel Spaß zusammen durch die Monate spaziert. Wir haben zusammen gefrühstückt, ein Weihnachtsfest gehabt, Kaffee getrunken und gelacht. Crewlove is true Love! Und genau das hat uns am Laufen gehalten. Auch wenn es sehr kräftezehrend war, während der Abiturphase noch ein Festival mitzuorganisieren, hat es so unwahrscheinlich viel Spaß gemacht und auch motiviert, das Abi gut zu schaffen. Nicht nur bei der Projektleitung des Modulars, sprich: Christoph, Anna, Murat, Manu und Lars, haben wir uns sehr geborgen gefühlt, sondern auch bei Sandra und Dennis aus dem Jugendzentrum K15. Sie haben uns definitiv durch die Zeit geholfen. Wenn man einen Rat brauchte, egal ob arbeitsrelevanter oder persönlicher Natur, wir waren beim SJR immer willkommen.“

SJR: „Warum lohnt sich der ganze Aufwand? Ich meine, warum ein unbezahltes Ehrenamt machen, wenn Ihr auch gemütlich chillen oder Kaffeetrinken gehen könntet?“

Vera: „Naja, es ist einfach das beste Ehrenamt der Welt. Diese monatelange, harte Arbeit hat sich bei jedem Gedanken an unser „Baby“ ausgezahlt. Auch wenn wir während der ganzen Vorplanungsphase auch unseren Spaß hatten, war das wohlige Gefühl, etwas Großartiges geschaffen zu haben, am Ende am größten. Diesen Saal voll begeisterter junger Leute zu sehen, die glücklichen Augen der Künstler und und und, war einfach das Größte. Ziemlich cool waren auch die Interviews mit der Stadtsparkasse Augsburg und presse Augsburg. Das Highlight war der Besuch beim Radiosender Kanal C. Nicht jeder hat die Gelegenheit live auf Sendung zu sein. Da haben wir uns schon ziemlich „fame“ gefühlt.“ (Vera lacht)

Sarah: „Ich möchte die Modular Youngstars nicht missen. Allein die Erfahrungen, die wir machen durften und die Kontakte, die wir heute haben, helfen uns auch sehr auf unserem beruflichen Werdegang. Wenn ich mich im Kultur- oder Veranstaltungsmanagement bewerbe, weiß ich einfach schon, wo es lang geht. Außerdem durften wir Haftbefehl und seiner Gang die Hand schütteln. Das war cool. Mega nett die ganze Bande. Am Samstag zum Ende unseres Festivals haben uns die Youngstars Moderatoren auf die Bühne geholt und sich vor dem Publikum bei uns unter tosendem Applaus bedankt. Da stellt es dir alle Haare auf und wenn dann diese warme Wucht durch deinen ganzen Körper geht, weißt Du, dass es großartig war. Wir hatten den restlichen Tag Zeit, das Festival zu genießen. Haben sehr nette Leute kennengelernt, die Aftershow-Party genossen und am Ende ein fettes Lob von der Projektleitung bekommen. Jede Sekunde, die wir an unserem Festival gearbeitet haben, und der ganze Stress hat sich ausgezahlt.“

SJR: „Danke für Eure Einblicke in die Festivalarbeit und viel Spaß Euch beim nächsten Modular, wenn ihr wieder eure eigene Bühne rockt!“

 


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